In der Lombardei, zwischen den Provinzen Brescia und Bergamo, liegt ein Tal, das nicht nur aufgrund seiner landschaftlichen Reize die Reisenden anzieht. Das nahe der Adamello Gruppe der Ostalpen und dem Iseosee gelegene Tal ist vor allem ein Mekka für Archäologen und Geschichtsinteressierte aus aller Welt.
Der Name des Tals weist auf die in der Eisenzeit dort ansässigen Camunen hin. Seine Geschichte lässt sich jedoch sehr viel weiter zurückverfolgen: Sie beginnt im Epipaläolithikum, vor rund 12.000 Jahren, als Jäger und Sammler sich schrittweise Ackerbau und Viehzucht zuwendeten. Funde im Tal reichen von jenen Tagen bis ins Mittelalter.
Das Valcamonica ist eine archäologische Schatzkammer. Hier findet sich die weltweit größte Sammlung von Felsbildern aus prähistorischer Zeit, so genannten Petroglyphen. Seit 1979 zählt das Tal deshalb zum Weltkulturerbe der UNESCO.
Das Tal birgt hundertausende von Felszeichnungen und -ritzungen, die im Laufe von rund 8.000 Jahren entstanden sind. Damit ist es ein eindrucksvolles Abbild der Menschheitsgeschichte.
Erste Darstellungen aus dem Epipaläolithikum zeigen vor allem Jagdszenen der damaligen Zeit. Aus der Jungsteinzeit, dem Neolithikum, gibt es erste Bilder von Ackergeräten. Hinzu kommen Waffen, wie Äxte und Pfeile, aber auch Darstellungen von Haustieren, zunächst von Hunden, später zusätzlich von Rindern und Ziegen. Auch Szenen von Gottesverehrungen und abstrakte Symbole und Muster tauchen in dieser Zeit erstmals auf.
Von der Kupfersteinzeit, dem Chalkolithikum, bis zum Beginn der Bronzezeit erscheinen weitere Muster und erste Darstellungen von Karren und Wagen. Aus der Bronzezeit, als Bergbau und Metallverarbeitung an Bedeutung gewannen, finden sich Abbildungen von Metallverarbeitung und Weberei und das Pferd taucht erstmals als Haustier auf. Auch Kampfszenen und religiöse Motive inspirierten die damaligen Künstler.
Zu Beginn der Eisenzeit schufen die Camuner Abbildungen von Bestattungsritualen und Urnen. Außerdem die so genannte Camunische Rose, heute das Symbol der Lombardei. Etwas später kamen etruskische Einflüsse hinzu: Ihre Waffen, Helme, Schilde und Schmuckstücke flossen in die Felsenzeichnungen ein. Als Haustiere wurden nun auch Geflügel und Schweine abgebildet. Aus dieser Zeit stammen zudem erste Buchstaben und Inschriften. Unter römischer Herrschaft entstanden später kaum noch Malereien, dafür aber einige lateinische Inschriften. Vereinzelt finden sich auch Bilddarstellungen aus dem Mittalter, vor allem christliche Symbole.
Die prähistorischen und historischen Zeichnungen verteilen sich im Tal auf einer Strecke von 25 Kilometern auf acht Parks und verschiedene Gemeinden. Die meisten befinden sich in der Umgebung von Darfo Boario Terme, Capo di Ponte , Nadro, Cimbergo und Paspardo.