Südlich von Rom beginnt Kampanien. Zitronengärten und Olivenhaine dehnen sich hier in der Landschaft aus, je weiter man sich dem majestätischen Vesuv nähert. Wäsche weht im Wind. Die Häuser werden kleiner und verwitterter. Manche Landstriche werden immer trockener und einsamer bis man schließlich am furchteinflößenden Vulkan vorbeifährt, der im Jahr 79 nach Christus mit einer katastrophalen Eruption die ahnungslosen Einwohner Pompejis und Herculaneums in den Tod riss. Der Kontrast zu diesem Landstrich kann nach einer guten Stunde Zugfahrt nicht größer sein, wenn man im quirligen, engen Neapel ankommt. In der Fast-Eine-Million-Stadt tummeln sich im Schnitt 8.200 Menschen auf einem Quadratkilometer während es im Landesdurchschnitt 200 sind. Stillstand ist hier unbekannt, sowohl auf den stets verstopften Straßen der Innenstadt als auch in den verwinkelten Gassen entlang des Hafens, wo CDs, Schuhe und Parfum auf kleinen Klapptischen verkauft werden. Wer sich die übliche Tour von Sehenswürdigkeiten sparen will und abenteuerlustig genug ist, lernt in diesen Gassen bestimmt einiges über die Neapolitaner. Niemand ist stolzer auf die Erfindung der Pizza und auf die italienischen Fußball-Traditionen als sie.
Die Pizza ist Kampaniens Nationalgut
Dem autohupenden Großstadtrummel entkommt man am besten auf einem Linienboot. Die aus Kirchenkuppeln und Hochhäusern bestehende Stadt-Silhouette kann man von hier aus wunderbar wahrnehmen. Bei Sonnenuntergang wird Neapel in ein bronzefarbenes Licht getaucht, das Rumoren der Stadt wird leiser und der Schrei der Möwen lauter, während Bootsmotoren das Meereswasser zu weißen Schaumkronen aufwirbeln. Viele Städte Kampaniens sind magisch, wenn man sich ihnen auf die richtige Weise nähert. Zum Beispiel lohnt es sich, per Boot und nicht per Auto zur Amalfiküste anzureisen. Für Wohnmobile und Wohnwagen ist die Serpentinenstraße ohnehin seit einigen Jahren gesperrt.
Traumlandschaften an der Amalfiküste
Kommt man am kleinen Hafen von Positano an, der rundum mit pastellfarbenen Würfel-Häusern, Kuppeln und Treppchen auf einer Felskulisse umrahmt ist, fühlt man sich wie ein Schauspieler, der soeben seinen Drehort betritt. Die Sonnenbrille im Haar, elegante italienische Kleidung am Körper, vor einem eine südliche Traumlandschaft: Kleine Buchten, Jugendstilvillen, alte Palmengärten mit Bougainville über den schmiedeeisernen Eingangstoren und Löwenskulpturen auf den Pforten. „Dieses ist also das schöne, reiche, selige Kampanien, das man, seitdem es so bekannt ist, zum Paradiese erhoben hat, für das die römischen Soldaten ihr Kapitol vergessen wollten. Es ist wahr, (…) das sogenannte Kampanertal ist von allem was ich in der alten und neuen Welt bis jetzt noch gesehen habe der schönste Platz, wo die Natur alle ihre Gaben bis zur höchsten Verschwendung ausgegossen hat“, schrieb der Reiseschriftsteller und Wanderer Johann Gottfried Seume (1763-1810) im Jahr 1802 in seinem Buch „Spaziergang nach Syrakus”.
Zu Kampanien zählen neben Positano, Amalfi, Sorrent und Neapel auch die Thermalinsel Ischia und das mondän gewordene und stets gut besuchte Capri. Dem Reise-Autor Seume muss man Recht geben: Auch zwei Jahrhunderte und viele Millionen Besucher später hat Kampanien mit seinen griechischen Tempeln bei Paestum, seinen herrlichen Inseln und den antiken römischen Siedlungen von Pompeji und dem Herculaneum nichts von seinem Zauber verloren. Allen Herausforderungen zum Trotz, mit denen Kampanien und seine Menschen zu kämpfen haben.