Die Nuraghenkultur wird historisch zwischen 1600 und 400 vor Christi angesiedelt. In dieser Zeit entstanden auf Sardinien Nuraghen, Gigantengräber und heilige Brunnen in großer Zahl. Bei den Nuraghen handelt es sich um kreisförmig in Trockenbauweise errichtete Kraggewölbe-Bauten aus Steinblöcken. Die Steine bilden aufeinander zugeschoben eine Bogenform, die sich nach oben hin verjüngt.
Einige der Bauwerke, namentlich die so genannten Tholosnuraghen, sind über 20 Meter hoch. Sie sind meist rund und mit Turm, Kammern, Nischen, Gängen, oft auch Treppen und Brunnen ausgestattet. Die Vor- oder Frühformen der Nuraghen, die so genannten Protonuraghen, haben noch keine Kammern und sind niedriger. Ihre Grundfläche ist dafür größer und kann unterschiedliche Formen haben.
Bis heute ist die Funktion, welche die Kuppelbauten einst erfüllten, ein Mysterium. Theorien gibt es viele: Von Verteidigungsanlagen über menschliche Behausungen, religiöse Kultstatten bis hin zu astronomisch bedeutsamen Punkten wird ihnen vieles zugeschrieben. Vermutlich dienten die vielen unterschiedlichen Kraggewölbe-Bauten, die auf Sardinien gefunden wurden, aber auch unterschiedlichen Zwecken. Es gibt Einel-Nuraghen, ganze Nuraghendörfer und burgähnliche Nuraghenkomplexe.
Berühmt ist der in den 1950er Jahren freigelegte gut erhaltene Komplex von Su Nuraxi in Barumini, der in die Liste des Unesco-Weltkulturerbes aufgenommen wurde. Er besteht aus einer Befestigungsanlage mit Türmen und Mauern sowie einem Nuraghendorf.
Sehenswert sind aber auch der mit 3000 qm größte Komplex Arrubiu oder der von einem gewaltigen Mauerring umgebene Nuraghen-Komplex von Cabu Abbas, der in 246 Metern Höhe auf einem Hügel liegt und einst als Beobachtungsposten gedient haben soll.
Auch das Nuraghendorf von Tiscali liegt an exponierter Stelle - auf dem Monte Tiscali. Rund vierzig Bauten ducken sich hier unter einem Felsplateau. Die Kuppelbauten von Losa zeichnen sich durch einen zentralen Turm und eine Mauer mit weiteren Türmen aus.
Wer Sardinien bereist stößt aber auch noch an vielen anderen Orten auf Nuraghendörfer und –komplexe. In Cagliari ist das archäologische Nationalmuseum einen Abstecher wert, in dem die Nuraghenkultur ausführlich dokumentiert ist.